Mittwoch, 16. Mai 2018

All the lonely people

Manfred Spitzer: Einsamkeit. Die unerkannte Krankheit. Schmerzhaft. Ansteckend. Tödlich. 242 Seiten plus 65 Seiten Quellennachweis. 19,99 €. Droemer.

Seit einiger Zeit ist das Thema Einsamkeit in den Medien aktuell. Nun hat es auch der bekannte Psychiater Manfred Spitzer aufgenommen. Sein Buch habe ich aus besonderem Interesse gelesen: Mit meinem Ratgeber „Einsam. Vom mutigen Umgang mit einem schmerzhaften Gefühl“ habe ich schon vor vielen Jahren begonnen, das Tabu Einsamkeit anzusprechen. Doch während ich als Psychologin konkrete Möglichkeiten aufzeige, wie man diesen Zustand beendet, hat Spitzer einen anderen Ansatz. Er hat wissenschaftliche Untersuchungen zusammengetragen, die er erläutert. Dazu erklärt er im Vorwort: „Im vorliegenden Fall wird dem Leser das aufwendige Studium einiger Hundert wissenschaftlicher Arbeiten erspart. Das sich daran anschließende Nachdenken über die jeweils eigene konkrete Situation – was genau jetzt und hier zu tun ist – kann das Buch nicht ersetzen.“
Der Autor unterteilt sein Werk in 10 Kapitel: 1. Megatrend und Krankheit. 2. Einsamkeit tut weh. 3. Soziale Ansteckung. 4. Einsamkeit löst Stress aus. 5. Online (gem)einsam. 6. Einsamkeit als Krankheitsrisiko. 7. Todesursache Nr. 1. 8. „Du machst mich krank!“. 9. Was tun? 10. Einsamkeit suchen. Jedes enthält eine Anzahl Studien, überwiegend aus den USA.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse wirken schockierend. Das ist einerseits heilsam, denn es führt unserer Gesellschaft vor Augen, welche dramatischen Folgen Einsamkeit hat. Spitzers großes Verdienst ist es, das seriös zu belegen und auf diese Weise wachzurütteln. Auf Betroffene dürfte die Lektüre allerdings eher einen deprimierenden Effekt haben. Als ob uns ein Arzt mitteilt: Sie haben einen tödlichen Tumor, aber um die Behandlung müssen Sie sich selbst kümmern. Hier bietet der Autor auf wenigen Seiten als Strategie nur „Geben“, „Helfen“ und „Natur“ an. Aber wie er selbst sagt, ist die Abhilfe ja auch nicht sein Thema. Einsamen LeserInnen möchte ich deshalb ergänzend mein Buch empfehlen. Nicht als Eigenwerbung, sondern aus Fürsorge.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen