Mittwoch, 18. Juni 2014

Was Macht mit uns macht

Ian Robertson: Macht. Wie Erfolge uns verändern. DTV. Müchen 2014. 315 Seiten. 12,80 €

Warum beschäftigte sich der Chef der Royal Bank of Scottland eher mit der Auswahl der Kekse, die beim Meeting serviert werden als mit der Rettung seiner Firma vor dem Finanzkollaps?
Das ist für mich zwar nicht die brennendste Frage, wohl aber ist es ein Symptom für das, was ich schon immer kopfschüttelnd beobachtet habe: Sobald Menschen Macht erlangt haben, dauert es nicht lange, bis sie sich verändern. Diejenigen etwa, die ursprünglich die Welt verbessern wollten, verwandeln sich in Egoisten. Die einst für ihre Sache brannten, gieren nur noch nach Ruhm.
Seriöse Banker werden zu Zockern. Von brutalen Diktatoren ganz zu schweigen, die ihr Volk dem Machttrieb opfern.
Ian Robertson hat für diese Mutationen eine Erklärung aus seinem Spezialgebiet Neuropsychologie:
Bei Gewinnern verändern Hormone die Gehirnstruktur. Eine vermehrte Testosteron- und Dopaminauschüttung führt dazu, dass sie sich riskant verhalten und ihre Empathie verlieren. Sie glauben, sie seien über andere erhaben. Schlimmstenfalls betrachten sie sie als Objekte, mit denen man beliebig verfahren darf.Diese Veränderungen erlebt man nicht nur bei Politikern, Künstlern oder Stars, sondern auch in kleinem Rahmen bei Chefs, Teamleitern oder Gruppenführern. Frauen sind nicht davor gefeit, aber meist weniger radikal.    

Ist Macht also prinzipiell gefährlich und sollte unbedingt eingeschränkt werden? Keineswegs.Der Autor unterscheidet zwei Arten von Macht nach ihren Motiven: Die persönliche Macht (p-Macht), bei der man nur am eigenen Vorteil interessiert ist und die soziale Macht (s-Macht), mit der man  Gutes für andere bewirken möchte. Die p-Macht  muss nach Robertson strikt kontrolliert werden: "Unbeschränkte Macht wird, gleichgültig auf welcher Ebene, die Gehirnfunktion des Betreffenden unweigerlich schädigen und ihn zu Korruption und Machtmissbrauch treiben."  Die s-Macht dagegen beflügelt und hilft, anderen notwendige Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Ian Robertsons hat mir mal wieder gezeigt, dass ich zu Recht von der Psychologie begeistert bin: Sie gibt  auf wichtige Fragen eine Antwort . In Verbindung mit der Gehirnforschung ist die besonders überzeugend, weil objektiv nachweisbar. Und wenn sich das auch noch dank vieler Beispiele und interessanter Untersuchungen so spannend liest,  ist es noch ein Pluspunkt mehr für dieses Buch. Für alle, die das Thema interessiert: Unbedingt lesen.



Samstag, 14. Juni 2014

Ich bin dann mental mal weg!

Élisa Brune: Seitensprünge aus dem Alltag. Beltz Verlag, Weinheim/Basel 2014, 155 Seiten. 16,95 €

Der Verlag kündigt das Buch im Klappentext als "50 ziemlich beste Fluchten" an. Ich erwartete deshalb eine Menge guter Tipps, wie man kleine Pausen von der Arbeits- und Alltagsroutine machen kann. Etwa ins Museum gehen oder ähnliches. Da wurde ich jedoch angenehm enttäuscht. So konkret geht es in dem Büchlein nicht zu. Dafür enthält es fünfzig inspiriernende kleine Lebensphilosophien.

Die Autorin ist Wissenschaftsjournalistin, was aber eher für ihre Neugier spricht als für eine strenge Herangehensweise ans Thema. Im Gegenteil, sie hängt ihre Überlegungen jeweils an kleinen Episoden aus ihrem Alltag auf, nach dem Motto: "An einem schönen Sonntagsmorgen besuche ich einen alten Freund. Er empfängt mich mit dütserer Miene". Und daraus zieht sie dann auf maximal zwei Seiten ein  kluges Fazit. Das liest sich wie ein persönlicher Blog, subjektiv und beiläufig charmant.

So unterschiedlich die Anlässe und die jeweiligen Auswertungen auch sind, eines haben sie alle gemeinsam: Sie regen dazu an, in Gedanken und Verhalten über die eigene  Komfortzone hinauszugehen. Mal etwas zu wagen. Sich nicht als festgelegte Persönlichkeit zu sehen. Mehr Lebensfreude zu beanspruchen. Wie das dann konkret aussehen soll, muss sich schon jede(r) selbst überlegen. Èlisa Brunes Verdienst ist es, uns Lust darauf zu machen.    

Mittwoch, 4. Juni 2014

INSPIRATION STATT SCHLAFTABLETTE

Gerriet Danz: Neu präsentieren. Begeistern und überzeugen mit den Erfolgsmethoden der Werbung. Campus Verlag, 254 Seiten.  19,99 €

Im Vorlauf zu meinen Vorträgen werde ich von den Veranstaltern nach meinen Wünschen für die Technik gefragt. Meist sind sie erstaunt, dass ich allenfalls um ein Mikrofon bitte. Wie, keinen Beamer, keine Folien? Nein danke. ich vertraue dem gesprochenen Wort. Und so lange ich Rückmeldungen bekomme wie "Ich hätte Ihnen noch stundenlang zuhören können", bleibt das auch so.
Für diese Einstellung habe ich jetzt einen Bruder im Geiste gefunden. Als ehemaliger Kreativdirektor der internationalen Werbeagentur BBDO und anerkannter Kommunikationsexperte weiß  Gerriet Danz, wie man Inhalte und Botschaften so präsentiert, dass das Publikum wirklich erreicht wird.
 "Um überhaupt wahrgenommen zu werden, muss man sich heute schon ein wenig mehr ausdenken, als ein paar Folien aneinander zu schweißen."

Genau dazu gibt er in seinem Buch die besten Tipps für Präsentationen und Vorträge.
- Im ersten Kapitel geht es um die Vorbereitung, geschickt wie für eine Werbung.
- Das zweite Kapitel widmet sich der Frage, wie das gesammelte Material so vermittelt werden kann, dass sich das Publikum angesprochen und inspiriert fühlt.
- Im dritten Kapitel gibt es Werkzeuge zum kreativen Präsentieren - Techniken, die sich erfolgreich aus Werbung und Marketing übertragen lassen.
- Im vierten Kapitel serviert Danz 30 ungewöhnliche Ideen, mit denen sich gängie Präsentationsthemen anschaulich machen lassen.
- Zum Schluss werden FAQs zum Thema beantwortet.
Das Ganze ist knapp und präzise formuliert, mit zahlreichen Beispielen angereichert und überzeugend. Ein Kompliment verdient auch das Layout. Es trägt zur Übersichtlichkeit und zur Lesefreude bei.
Ein nützliches Buch für alle, die von Berufs wegen häufig vorne stehen und etwas sagen sollen oder wollen. Auch Profis haben viel davon - und sei es nur, dass sie sich bestätigt und aufgefrischt fühlen. Es ist aber auch eine Inspiration für diejenigen,die das nicht so oft eine Rede halten, es aber eben doch gelegentlich müssen.