Juli
Zeh: Unterleuten. 635 Seiten. 24,99 €. Luchterhand
Ich habe das Buch tatsächlich an
einem Wochenende ausgelesen. Und hätte nicht gedacht, dass mich eine Geschichte
aus der Brandenburgischen Provinz mit dem Dorf Unterleuten so fesseln würde. Das
liegt an der genauen, immer ein wenig spöttischen und trotzdem liebevollen
Beschreibung der Romanfiguren: Der alte Kron, ein knorriger Kommunist und sein
Gegenspieler Gombrowski, ein Grundbesitzer, der das ganze Dorf beherrscht.
Zugezogene Städter, wie die überfürsorgliche Mutter Jule, verheiratet mit dem
Vogelschützer Gerhard. Frederic und Linda aus Berlin, er Spieleentwickler, sie
Pferdeflüsterin und Powerfrau, die rücksichtslos ihre Interessen durchsetzt.
Dazu einige Nebenfiguren wie die Katzenfreundin Hilde und der dubiose Automechaniker
Schaller. Juli Zeh beschreibt deren Denkmuster, Gefühle und Verhalten. Verbunden
sind die Personen im erbitterten Kampf für und gegen einen Windpark im Dorf, an
dessen Planung sich die unterschiedlichen Interessen zeigen. Mit den Konflikten
entfaltet sich eine spannende Geschichte um alte Schuld, Unrecht, Untreue,
Eifersucht, verpasstes Glück und Illusionen von dörflicher Idylle.
Diese Verflechtung hätte kompliziert
werden können, wenn die Autorin nicht einen dramaturgischen Kunstgriff genutzt
hätte: Jede Person spricht für sich. Ähnlich wie die Spielfiguren am Münchner
Rathaus erscheint kreisend eine nach der
anderen immer wieder im Vordergrund und treibt so die Geschichte aus ihrer
Sicht weiter.
Genau beobachtet, mit Humor
geschrieben – ein Lesevergnügen.