Freitag, 26. September 2014

ERFOLG GEHT HEUTE ANDERS

Arianna Huffington: Die Neuerfindung des Erfolgs. Riemann Verlag, 320 Seiten, 19,99 €

"Liebe Frau Huffington, Sie haben es geschafft: Ich werde anfangen, zu meditieren."
Ich wette, das werden Sie nach der Lektüre dieses Buches genau wie ich sagen. Die Autorin vermittelt nämlich ihre Mission, dem Streben nach Erfolg eine entspannte Basis zu geben, äußerst überzeugend. 
Geld und Macht, so ihr Credo, sind wie ein Hocker mit zwei Beinen. Man kann ein Zeitlang darauf balancieren, doch irgenwann verliert man das Gleichgewicht. Stress und Burn-out sind die Folgen. Es ist deshalb dringend notwendig, Wohlbefinden als dritte Größe einzuführen. Dazu gibt Arianna Huffington praktische Ansätze: Ausreichend Schlaf, Meditation, Achtsamkeit und Großzügigkeit sowie Freundlichkeit gegenüber anderen.
Das ist nicht unbedingt neu, das haben wir auch schon anderswo gelesen - aber sicher kaum mit dieser Autorität. und Überzeugungskraft. Arianna Huffington ist als Gründerin der bekannten Huffington Post ein optimales Testimonial dafür,  dass ein Erfolg, der nur auf Geld und Einfluss abzielt, nicht ausreicht. Sie hat selbst durch Stress einen physischen und geistigen Zusammenbruch erlebt. Ihre Erfahrung und die Konsequenzen daraus gehen in ihr Buch ein. Besonders überzeugend wirken zudem die vielen Argumente, die sie für eine veränderte Sicht auf Erfolg zusammengestellt hat. Gewiss profitiert sie davon, dass sie durch die HuffPost an der Quelle von seriösen Informationen sitzt, die sie für das Thema nutzbar macht. Jednefalls zitiert sie eine solche Fülle von wissenschaftlichen Studien, Ergebnissen von Unternehmen und  Aussagen von Spitzenmanagern, wie ich sie bisher in keinem Ratgeber dieser Art gefunden habe. Schön ergänzt wird das durch in den Text gestreute Kästen mit Zitaten von Philosophen oder Schriftstellern. Mein Fazit: Die Frau weiß, wovon sie spricht. Und ihren Belegen für die Wichtigkeit von persönlichem Innehalten kann man sich einfach nicht verschließen.
Ein insprierendes Buch für alle, die bislang glauben, dass der Preis für beruflichen Erfolg ein kompletter Einsatz von Zeit und Kraft ist und die dabei in Gefahr sind, sich selbst aus den Augen zu verlieren.

Dienstag, 9. September 2014

DIE GIERIGEN

Karine Tuil: Die Gierigen. (Roman) Aufbau Verlag, 477 Seiten, 19,95 €

Eigentlich hatte ich vor, nur Sachbücher zu rezensieren. Aber nun erweitere ich das Repertoire gerne um den einen oder anderen Roman - wenn er so spannend und psychologisch interessant ist wie dieser.

Die französische Autorin Karin Tuil hat drei Lebensgeschichten miteinander verwoben, die von Samir, Samuel und Nina.:
Nina und Samuel sind ein Paar, bis Nina mit dem gemeinsamen Freund Samir eine leidenschaftliche Affäre beginnt. Samuel gewinnt Nina zurück, Samir geht nach New York und man verliert sich aus den Augen. Soweit die Vorgeschichte.  Zwanzig Jahre später sehen Nina und Samuel ihren alten Freund zufällig im Fernsehen. Er ist inzwischen ein berühmter Anwalt  und mit der Tochter eines der reichsten Männer der USA verheiratet. Allerdings hat er seine Karriere auf einer Lüge aufgebaut : Er verleugnet seine arabische Abstammung und gibt sich als Jude aus.
Samuel und Nina, die mehr recht als schlecht in Frankreich leben - Samuel ist Sozialarbeiter und träumt davon Schriftsteller zu werden, Nina schlägt sich als zweitklassiges Model durch  - nehmen Kontakt zu ihm auf. Dabei flammt die alte Leidenschaft zwischen Nina und Samir wieder auf. Nina verlässt Samuel und geht als Samirs Geliebte nach New York.
Ein Gewinner, ein Verlierer, eine schöne Frau zwischen zwei Männern - das könnte eine triviale Geschichte sei. Ist es aber keineswegs, denn im weiteren Verlauf kehren sich  die Verhältnisse unvermittelt und schicksalhaft um. Wie - das möchte ich hier nicht verraten, um potenziellen Lesern nicht die Spannung zu nehmen. Vor allem aber gelingt es der Autorin, die Beweggründe ihrer drei Protagonisten und die gesellschaftlichen Hintergründe präzise zu beschreiben. Am Ende geht es um die innere und äußere Freiheit, im wahrsten Sinne des Wortes um jeden Preis.
Paris Match schreib dazu: "Mit Leidenschaft verschlingt man diesen Roman, der das Scheitern in unserer Gesellschaft in allen Variationen durchspielt." Ich kann dem nur zustimmen.