Samstag, 16. Dezember 2017

Farbenblind

Trevor Noah: Farbenblind. 333 Seiten. Blessing. 19,99 €

Trevor Noah ist in den USA ein bekannter TV-Moderator, Comedian und Schauspieler. Doch seine Kindheit und Jugend, die er in diesem Buch beschreibt, war unter dem grausamen Apartheitsregime Südafrikas alles andere als glanzvoll. Trevor wurde 1984 in Johannisburg als Sohn einer Schwarzen vom Volksstamm der Xhosa und eines Schweizers geboren. Die Verbindung seiner Eltern verstieß gegen den seit 1927 in Südafrika gültigen Immorality Act, der die Beziehung zwischen Europäern und Eingeborenen unter Strafe stellte. Während dieses menschenverachtenden Regimes, das bis 1990 dauerte, war das Leben für die alleinerziehende Mutter, die sich nur heimlich mit dem Vater ihres Kindes treffen konnte, sehr schwer. Doch als starke und innerlich unabhängige Frau ließ sie sich trotz Schikanen und vielen täglichen Widrigkeiten nicht unterkriegen. Noah beschreibt sie mit großer Liebe und Hochachtung. Er erzählt auch offen davon, wie er und seine Freunde sich mit illegalen Geschäften wie Raubkopieren und Hehlerei versuchten, sich das Leben etwas angenehmer zu gestalten. 
Beim Lesen wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Das Buch gibt einen persönlichen Einblick über das Leben während der Apartheit. Die Vorstellung, dass es noch gar nicht lange her ist, dass Menschen darunter leiden mussten, ist erschütternd. Aber Trevor Noah beschreibt selbst schlimme Situationen mit viel Humor und findet selbst in üblen Erfahrungen noch komische Aspekte. Von daher ist es tatsächlich auch ein unterhaltsames Buch. Lesenswert!

Donnerstag, 7. Dezember 2017

Memoiren eines Psychotherapeuten

Irvin D. Yalom: Wie man wird, was man ist. Memoiren eines Psychotherapeuten. 444 Seiten. btb , 25.- €

Irvin Yalom ist mir schon seit dem Psychologiestudium vertraut. Sein Buch über Gruppentherapie war damals unsere Bibel. Die erstand ich, (sorry, ich war jung und hatte kein Geld) als Raubdruck auf dem Campus. Auch seine - nun rechtmäßig erworbenen - späteren Romane über Psychotherapie habe ich verschlungen, etwa „Die Liebe und ihr Henker“, „Die rote Couch“ und „Die Schopenhauer-Kur“. Nun hat Yalom also seine Memoiren geschrieben.
Als Sohn russischer Einwanderer 1931 geboren, ist er einer der bekanntesten Psychoanalytiker der USA und Bestsellerautor. Mit inzwischen 86 Jahren blickt er auf ein erfülltes Leben zurück: Er berichtet offen von seiner Kindheit in ärmlichen Verhältnissen, seiner medizinische Ausbildung, den Kämpfen der verschiedenen psychotherapeutischen Schulen, von wohlwollenden Mentoren, enttäuschenden Erfahrungen mit Berühmtheiten und Drogenexperimenten, aber auch von privatem Glück mit seiner Frau Marilyn, Reisen und guten Freunden.
Yalom schreibt wie ein Chronist, genau, sachlich, der Reihe nach. So kann man als LeserIn den Werdegang dieses eigenwilligen großen Psychotherapeuten, der sich immer durch seine Menschlichkeit ausgezeichnet hat, genau verfolgen. Parallel dazu ist es auch ein Stück Zeitgeschichte. Die Autobiographie ist interessant für diejenigen, die Yalom über seine Romane kennen und schätzen, ebenso für alle diejenigen, die sich für Psychotherapie interessieren