Freitag, 24. Oktober 2014

Wege der Liebe

Hubertus Meyer-Burckhardt: Die kleine Geschichte einer großen Liebe. Roman. Lübbe Verlag. 217 Seiten. 18.- €

Das italienische Restaurant "La Bruschetta" gibt es wirklich,  Dorotheenstraße 36, 22301 Hamburg. Sie sollten es vielleicht einmal besuchen, wenn Sie sich nach der großen Liebe sehnen. Hubertus Meyer-Burckhardts Romanfiguren haben sie dort jedenfalls gefunden:  Susan, Journalistin aus Zürich, und Simon, ehemaliger Manager.
Susan ist von der Chefredaktion ihrer Zeitschrift nach Hamburg geschickt worden, um langjährige Paare über die Geschichte ihrer Liebe zu befragen. Ins "Bruschetta" ist sie zufällig geraten. Simon ist dort Stammgast. Und er weiß auf den ersten Blick: Diese Frau zieht ihn magisch an. Sie kommen miteinander ins Gespräch und beschließen, die geplanten Interviews gemeinsam im Restaurant zu führen. Von da an verbinden sich die Liebesgeschichten der Paare mit der wachsenden Zuneigung von Susan und Simon. Wer jetzt schon ein Happyend erwartet, wird   allerdings enttäuscht. Die beiden  sind keine jungen Leute, die sich verliebt aufeinanderstürzen. Gescheiterte Beziehungen haben Narben hinterlassen. So endet eine gemeinsame Nacht im Hotel mit seelischer, nicht mit körperlicher Nähe. Vor allem Susan hat Angst, sich einzulassen und fährt Hals über Kopf nach Zürich zurück. Simon beschließt, von Hamburg zu ihr in die Schweiz zu wandern, um sich und ihr Zeit zum Nachdenken zu lassen. Unterwegs schreibt er Tagebuch und schickt Susan Postkarten. Ein langsames äußeres und inneres Sichannähern von beiden Seiten beginnt, das bei einem Italiener in Zürich voller Hoffnung endet.
Das große Thema des Romans ist, wie der Titel schon sagt, die Liebe. Durch die Geschichte der interviewten Paare  und die eingestreuten philosophischen Betrachtungen wird sie mit ganz unterschiedlichen Facetten beleuchtet. Dabei ist der Roman eher behutsam als dass er Spannung aufbaut. Nichts für eilige LeserInnen. Doch am Ende saß ich da und dachte über die Liebe nach. 

Freitag, 17. Oktober 2014

Schöner scheitern

Scott Adams: Die Kunst des erfolgreichen Scheiterns. Was wir vom Dilbert-Erfinder lernen können. Redline Verlag, 326 Seiten, 19,99 €

Der Philosoph Sören Kierkegaard hat gesagt: "Das Leben wird vorwärts gelebt, aber rückwärts verstanden". Diese Tatsache  kann durchaus zu subjektiven Interpretationen führen. So kommt es wohl, dass viele Autobiografien wahre Heldensagen sind: Der berühmte Mensch wusste schon im zarten Kindesalter, dass er zum ...geboren war. Mit Elan kämpfte er sich dann geradlinieg durch alle Schwierigkeiten, um schließlich bravourös sein Ziel zu erreichen.

Hier kommt nun der inspirierende Gegenentwurf zu den üblichen glamourösen Lebensrückschauen.Dabei handelt es sich keineswegs um die Beichte eines Losers: Scott Adams, Zeichner der bekannten Dilbert-Comics, die den Büroalltag auf die Schippe nehmen, bezeichnet sich zu Recht als reich und berühmt. Doch der Weg dorthin war voller spektakulärer Misserfolge. So ging er zum Beispiel mit einem Restaurant pleite oder schlug naiv eine Aufstiegsmöglichkeit in den Vorstand einer Bank aus. Auch gesundheitlich erlebte er den Supergau, konnte plötzlich nicht mehr zeichnen und verlor seine Stimme.
Das alles erzählt Adams ehrlich und  mit Humor. Er verschweigt dabei auch nicht, wie viel zufälliges Glück zu einer gelungenen Karriere gehört. Das allein ist schon ermutigend für uns Normalos, die wir uns mit Versuch und Irrtum durch Leben kämpfen. Doch der besondere Gewinn des Buches ist, dass uns der Autor an seinen aus Scheitern gewonnenen Erfahrungen teilhaben lässt. Und die sind für das eigene (Berufs-)Leben goldwert und äußerst hilfreich. Etwa die Erkenntnis, dass es sinnvoller ist, sich systematisch in dem zu verbessern, was man gerne tut, als verbissen auf ein Ziel hinzuarbeiten. Zitat dazu: "Ein Ziel ist etwas Spezifisches, dass man irgendwann in der Zukunft erreicht oder auch nicht. Ein System  ist etwas, das man regelmäßig anwendet und dass die Chancen auf Zufriedenheit langfristig steigert. Wenn man etwas jeden Tag macht, dann handelt es sich um ein System."
Der Autor schafft es, dass man sich verstanden und gut beraten fühlt. Ein erfrischendes, kluges, mutmachendes Buch für alle, die im Job etwas erreichen möchten.   

Freitag, 10. Oktober 2014

Oh Udo!

Udo Walz, Coiffeur. Jede Frau ist schön.  256 Seiten,  Quadriga Verlag ,24,99 €

Es ist schon erstaunlich, wie viele Frauen angeblich nur gelegentlich im Wartezimmer vom Zahnarzt oder beim Frisör etwas über das Leben von Prominenten gelesen haben. Dafür sind sie dann überraschend gut informiert. Ich jedenfalls oute mich hiermit ehrlich als generell am Wohl und Wehe der Schönen und Reichen interessiert - natürlich nur aus psychologischem  Interesse.  Ich finde es faszinierend, wie Selbstdarstellung funktioniert. Wie es Menschen gelingt, so erfolgreich zu sein, dass jeder ihren Namen kennt. Und was sie wohl verbergen, um ihr Image nicht zu gefährden. Von daher war und bin ich für viele RedakteurInnen eine gute Interviewpartnerin, wenn sie ein Statement zu einem medialen Ereignis haben möchten. Mich muss dazu keiner aus dem Elfenbeinturm holen, ich bin auf dem Laufenden.

Diesmal ist in meinem Focus Udo Walz, der Berliner Starfriseur. Anlässlich seines 70. Geburtstags (!) hat der Quadriga-Verlag eine Autobiographie mit Originalfotos herausgebracht, sozusagen einen  Bildband mit viel Text. Es ist schon spannend, zu lesen, wie sich ein junger schwäbischer Friseur mit Fleiß, Können und Fortune im Laufe der Jahrzehnte in die Oberliga geschafft hat. Sein Leben wird dabei in vier Kapitel verpackt: 1. Hoch hinaus: Die ersten Erfahrungen als Friseur in Deutschland und der Schweiz. 2. In die weite Welt: Erlebnisse auf vielen Reisen im Rahmen der Modefotografie, z.B. für die "Brigitte" (Was mich als ehemalige Psychologin und Autorin der Zeitschrift natürlich besonders interessierte). 3. Berlin, Berlin: Der Kontakt in Walz´ Berliner Salon  mit  in- und ausländischen Stars. 4. Das Leben ist keine Generalprobe: Einblicke ins Privatleben, etwa mit seinem Lebensgefährten Carsten  und Haushälterinnen. Eingestreut ins Buch sind "Liebesbriefe" von guten Freundinnen wie Barbara  Becker  und Sabine Christiansen, die das Bild abrunden.

Ich habe das Buch mit Vergnügen gelesen. Was vermutlich auch am journalistischen Knowhow von Werner Irro liegt, der das Ganze aufgezeichnet hat. Aber vor allem an dem interessanten Lebensweg von Udo Walz, der hier geschickt aufgezeigt wird: Nicht zu intim - das Image wird gewahrt - , aber doch ehrlich genug, um nicht nur Hochglanz zu sein.

Ein schönes Buch für alle, die Biografien mögen und sich gerne mal beim Blick in eine andere Welt entspannen möchten. Und für alle, die "Gala" und "Bunte" natürlich nur im Wartezimmer konsumieren.  

Dienstag, 7. Oktober 2014

Wie wir wurden, was wir sind

Hans-Otto Thomashoff: Ich suchte das Glück und fand die Zufriedenheit. Eine spannende Reise in die Welt von Gehirn und Psyche. 288 Seiten, Ariston Verlag 2014, 19,99 €

Vor kurzem habe ich an der Uni Hamburg für das Institut für Weiterbildung an der Wirtschaftsfakultät eine Vorlesungsreihe "Ihr Trumpf im Job: Persönlichkeit" gehalten. Das war eine herausfordernde Variante zu  meinen üblichen Vorträgen, verlangte sie doch für das Publikum wesentlich mehr wissenschaftliche Information. Dabei wurde mir wieder einmal bewusst, dass es eine Kunst ist, komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge verständlich und interessant zu vermitteln.
Hans-Otto Thomashoff beherrscht diese Kunst perfekt. Hilfreich ist dazu sicher seine vielfältige  Ausbildung: Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapeut, promovierter Kunsthistoriker.  Von seiner gründlichen Beschreibung, wie sich  vom Mutterleib bis ins Erwachsenenalter die Psyche im Gehirn ausbildet, bin ich begeistert.
"Immer baut sich das Gehirn - ausgehend von seiner genetischen Ausgangsbasis - in konstantem Wechselspiel mit der Umwelt auf und schafft so die Psyche." Diese grundlegende Tatsache erklärt der Autor so einleuchtend, dass ihm jeder interessierte Laie gut und gerne folgen kann.
Daraus leitet Thomashoff dann die Möglichkeiten ab, Glück und Zufriedenheit zu gewinnen. Sie lassen sich auf zwei Bereiche reduzieren: Befriedigende (Liebes-)Beziehungen und die Gelegenheit, Einfluss auf das eigene Leben zu nehmen. Dieses Fazit wird ausführlich beschrieben, allerdings fehlt die praktische Anleitung.Wie finde ich denn die Liebe? Wie bekomme ich genügend Selbstvertrauen, um mein  Leben zu gestalten?
In meinen Augen ist deshalb der Untertitel des Buches der wahre Titel: "Eine spannende Reise in die Welt von Gehirn und Psyche.", bezogen auf Glück und Zufriedenheit. Darin liegt die große Stärke des Buches. Hier erhält man jede Menge Selbsterkenntnis einfach über die Wissensvermittlung. Und dann sind da noch die verbalen  Perlen, Sätze, mit denen Tatsachen auf den Punkt gebracht werden. Wie etwa dieser.: "Das Gefühl, dass unsere Arbeit sinnvoll ist, entsteht vor allem aus unserem Beziehungsumfeld und gar nicht so sehr aus dem Inhalt unserer Tätigkeit."   
Ich kann dieses Buch als spannende Reise in die eigene Psyche wärmstens empfehlen.

P.S. Für eine konkrete Anleitung in puncto Beziehung und Einfluss kann man sich ja dann zusätzlich praktische Ratgeber anschaffen. Zum, Beispiel meine Bücher: "Passt genau. Endlich den richtigen Partner finden." und "Selbstvertrauen stärken und ausstrahlen".