Montag, 21. März 2016

Confetti aus der Olivetti



Helge Timmerberg: Die rote Olivetti. 236 Seiten. Piper Verlag. 20.-€
Ich oute mich hier als Timmerberg-Fan, ich habe fast alle seine Bücher gelesen. Weil sie ein Reiseerlebnis der besonderen Art vermitteln:
Timmerberg schreibt ehrlich. Während manche anderen Reiseschriftsteller die negativen Seiten ihrer Tripps als tolles Abenteuer aufpolieren oder sie einfach unterschlagen, landet man als LeserIn mit ihm auch in echt ekligen, stressigen, unangenehmen Situationen – aber eben nur bei wohligem Grusel mit dem Buch auf der Couch.
Und nun die Autobiografie, Motto: Wie ich wurde, was ich bin. Die Sprache zeigt wieder die typische Timmerberg´sche Lässigkeit der Reisebücher. Diese auf den Punkt gebrachten Dialoge, verbunden mit klugen, witzigen oder ironischen Statements. Timmerbergs Anfänge in der Gastronomie, der Blick hinter die Kulissen des Journalismus - ein Vergnügen. (Für mich übrigens noch besonders, weil ich zur gleichen Zeit in dem berühmten „Affenfelsen“ von Gruner & Jahr ein Gastspiel als Redakteurin gegeben habe. Ich kann bestätigen, dass es da so war.) Von Kapitel 1 bis 9 bin ich begeistert. Die Kapitel 10 bis 14 sind genauso gut geschrieben, aber inhaltlich eher für Sex-Touristen interessant. Sie tragen die Überschriften „Marlene“, „Adrenalina“, „Ana“, „Angelina“, „Tatjana“ und sind, um es mit der Timmerbergschen Wortwahl zu benennen, pure Fick-Geschichten. Mehr war derzeit in Havanna nicht los, Herr Timmerberg? Die Kapitel 14 bis 17, Drogen-Absturz und Rettung, versöhnen dann wieder mit der schwachen Mitte.
Mein Fazit: Für alle, die Biografien mögen. Für alle, die Timmerbergs lässigen Stil mögen. Und die sich nicht über das chauvinistische Frauenbild des Autors ärgern.

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