Freitag, 21. November 2014

Kopfwäsche

Boris Grundl: Mach mich glücklich. Wie Sie das bekommen, was jeder haben will. 296 Seiten. Econ Verlag, 18.00 €

Der Titel "Mach mich glücklich" verrät es bereits: Es geht um unsere Anspruchshaltung. Tatsächlich verlagern wir meist unbewusst unser Streben nach Glück auf andere Menschen, sei es in persönlichen  Beziehungen oder im beruflichen Kontext. Von ihnen erwarten wir, dass sie unser Wohlbefinden fördern.
Im Privatleben fordern wir indirekt: Liebe mich. Wertschätze mich. Lass mich gut dastehen. Mach mich stolz. Beschütze mich. Respektiere mich.
Im Job klingt es dann so: Motiviere mich. Lobe mich. Gib mir positives Feedback. Bezahle mir mehr. Bring mein Leben in Ordnung.
Auch Staat und Gesellschaft werden gebeten: Sichere mich ab. Bilde mich. Gib mir einen Job. Mach mich gesund. Sorge für mich.  
Diese inneren Abhängigkeiten machen uns nicht nur unfrei, sondern verhindern auch, dass wir unsere  eigene Stärke entwickeln. Darauf weist Boris Grundl hin und verlangt Änderung. Seine Position erläutert er imVorwort:"Je mehr ein Mensch sich selbst erkennt, desto mehr bleibt er bei sich, statt sich in der Außenwelt zu verlieren."  Und: "Je bewusster ein Mensch lebt und Entscheidungen trifft, desto klarer wird ihm seine Verantwortung für sein eigenes Leben."
Der Aufruf zur emotionalen Unabhängigkeit klingt für zarte Ohren nicht immer angenehm. Grundl redet nämlich Klartext, und das durchaus oft diktatorisch nach dem Motto "So sehe ich es, so ist es, basta!" Das wirkt an einigen Stellen etwas selbstgerecht, doch insgesamt ist dieser Ton genau richtig, um aufzuwecken. Und was vor allem  überzeugt und dem Autor die Lizenz gibt, derart den Finger auf die Wunde zu legen, ist sein eigenes Schicksal. Seit einem Unfall  ist Grundl querschnittsgelähmt. Aus eigener Kraft hat er sichzu einem erfolgreichen Unternehmer und Coach entwickelt.  Er weiß, wovon er spricht.
Kein gemütliches Buch, bei dessen Lektüre man sich wohlig verstanden fühlt. Dafür ein interessantes und hilfreiches.Manchmal ist es durchaus sinnvoll, einmal so richtig den Kopf gewaschen zu kriegen, damit man weiterkommt. .


2 Kommentare:

  1. Ich mag ehrliche Menschen, denn für mich sind Mut, Wahrhaftigkeit und Respekt wichtig. Ich kenne einige Menschen, die einfach nur eine Erwartungshaltung an andere haben. Ist es auch ein Buch zum Verschenken? Wahrscheinlich nicht ...! Frau Dr.Wlodarek,ich hoffe, dass viele Ihrer Leser mutig sind und an sich selbst arbeiten. Danke für diese Rezension. Viele Grüße, R.F.

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  2. Da ich neugierig auf dieses Buch war, habe ich es mir gekauft. Ich schlug es auf und las ein Zitat von Tagore: "Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich tat meine Pflicht, und siehe, das Leben ward Freude." Freude und Dankbarkeit für das Leben entwickeln, auch das ist ein Weg zum Glück. Ich sage Danke für diesen Buchtipp.

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