Sandra Schulz: „Das ganze Kind hat so
viele Fehler“. Die Geschichte einer Entscheidung aus Liebe. 235 Seiten. 14,90
€. Rowohlt Polaris
Sandra Schulz entscheidet sich zu Beginn ihrer Schwangerschaft, die moderne
Pränataldiagnostik in Anspruch zu nehmen, um Sicherheit zu haben, dass ihr Kind
gesund ist. Sie muss erfahren, dass es das Down-Syndrom hat. Zudem kommen noch schwere
Anomalien wie ein Herzfehler und ein Wasserkopf dazu. Damit beginnt eine unglaublich
harte Zeit, in der Sandra emotionale Höhen und Tiefen durchlebt, eine Zeit
voller Konflikte: Soll sie das Kind bekommen oder einer legalen Abtreibung zustimmen?
Die Ärzte sind dabei keine große Hilfe, denn außer einer aktuellen Diagnose können
sie kaum Voraussagen machen. Die Pränataldiagnostiker raten zum Abbruch, ein Kinderarzt
macht Mut. Auch die Umgebung, Eltern und Freunde reagieren ambivalent. Trotz
aller psychischen und körperlichen Probleme wächst in Sandra die Liebe zu ihrem
ungeborenen Kind und sie kämpft dafür, dass es überlebt, im Mutterleib und später
als Frühchen im Krankenhaus. Dabei steht ihr ihr Ehemann Christoph
bewundernswert zur Seite. Das Buch endet mit dem zweiten Lebensjahr der kleinen
Marja, die sich gut entwickelt hat. Man spürt die Liebe der Eltern zu ihrem
behinderten Kind und ihre Gewissheit, die für sie richtige Entscheidung
getroffen zu haben.
Ein ehrliches Buch, das werdenden Eltern eine Hilfe sein kann, bei der
Frage, ob sie die pränatale Diagnostik nutzen wollen und welche Konflikte
dadurch gegebenenfalls entstehen. Es ist subjektiv geschrieben und wird an
keiner Stelle moralisch. Nicht betroffene LeserInnen werden erkennen, wie
dankbar man sein darf, wenn einen das Schicksal nicht in dieser Weise
herausfordert.
Mir hat die Erfahrung von Sandra Schulz noch eine persönliche
Erkenntnis gebracht: Meine Schwester hatte das Down-Syndrom. Als sie geboren
wurde, kannte man noch keine pränatale Diagnostik. Mir scheint, dass die
heutigen medizinischen Möglichkeiten das Leben komplizierter machen, der Preis für
das Wissen ist hoch - aber es gibt uns auch die Freiheit der Entscheidung.
Ich bewundere Menschen, die es schaffen, ihr Schicksal anzunehmen. Technik, Wissen und Aufklärung sind wirklich ein Fortschritt. Und stellt uns gleichzeitig vor neuen Herausforderungen. Das Leben ist nicht planbar. "Was will das Leben von mir?" Diese Frage sollten wir uns stellen, denke ich. Liebe Frau Dr. Wlodarek, Ihre von Ihnen empfohlenen Bücher, bringen mich immer wieder zum Nachdenken. Danke für die Anregungen.
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