Mittwoch, 30. März 2016

Planet der Affen



Wednesday Martin: Die Primaten von der Park Avenue: Mütter auf High Heels und was ich von ihnen lernte. Berlin Verlag. 16,99 €
Die Autorin ist mit ihrem Gatten, einem offenbar betuchten  Geschäftsmann, an die New Yorker Park Avenue gezogen. Im Viertel der Superreichen gibt es nämlich die Kindergärten und Schulen, in denen die Weichen für eine strahlende Zukunft ihres Kindes gestellt werden kann. Dort trifft Frau Martin auf in teures Design gekleidete dauerdiätende Frauen, deren Lebensaufgabe es ist, dünn und schön zu sein, ihren sozialen Rang zu verteidigen und ihren Nachwuchs passend unterzubringen. Zu dieser Gruppe möchte sie liebend gerne gehören. Doch trotz sorgfältiger Kleiderwahl und devoter Anpassung verweigert man ihr zunächst die gesellschaftliche Anerkennung. Dank ihrer Hartnäckigkeit, der Protektion eines anerkannten Alpha-Männchens und der  richtigen Handtasche gelingt es schließlich. Frau Martin gehört dazu. Aber irgendwie kommen ihr doch wohl heimlich Bedenken, ob das nicht irgendwie peinlich ist. Und so setzt sie sich im Buch zwischendurch von ihrer Umwelt ab, indem sie ihre Ausbildung als Anthropologin nutzt und Parallelen zwischen den Ladies der Park Avenue und Verhaltensweisen von Affenmüttern zieht. Die Distanzierung gelingt allerdings nicht so recht, sondern wirkt ambivalent. Entweder draußen als Beobachterin oder drinnen als Selbsterfahrung, liebe Frau Martin, beides zusammen funktioniert nicht.  .
Ich habe das Buch mit fasziniertem Grusel gelesen. Und dabei gedacht: „Oh mein Gott, wie viel verschwendetes Leben!“  Wem ich es empfehle – denn es ist durchaus kurzweilig geschrieben? Allen, die sich zweckfrei für fremde Welten interessieren und immer schon mal genauer wissen wollten, was für ein furchtbares soziales Korsett Reichtum sein kann.

Montag, 28. März 2016

Stille Post



Doris Märtin: Leise gewinnt. So verschaffen sich Introvertierte Gehör. 221 Seiten. Campus Verlag. 19,99 €
Bin ich eher introvertiert oder mehr extravertiert? Ich halte zum Beispiel mit Begeisterung Vorträge, scheue aber Veranstaltungen wie den Hamburger Hafengeburtstag. Smalltalk fällt mir leicht, doch stundenlanges Palavern macht mir Kopfweh. Wie nun? Dank Doris Märtin ist mir jetzt klar, dass ich bisher ein zu einseitiges Bild von Introvertierten hatte: Nicht alle "Intros" sind schüchtern und geben den Einsiedlerkrebs. Vielmehr teilt die Autorin die Spezies in vier Gruppen ein: Die Masterminds sind vernünftig, besonnen, pflichtbewusst und logisch. Die Supersensiblen sind feine Beobachter und intuitiv. Die Nerds sind Querdenker, die ihr Fach beherrschen, sich gesellschaftlich jedoch wenig anpassen mögen. Die Cocooner ziehen sich gerne in den Kokon vertrauter Beziehungen zurück und sind Fremden gegenüber eher zurückhaltend. Wer sich nicht bereits bei diesen Beschreibungen wiedererkennt, kann seine Zugehörigkeit mit einem ausführlichen Test herausfinden. Und dann gibt es für alle Intro-Typen eine Fülle praktischer und fundierter Ratschläge, wie sie das Beste aus ihrem Naturell machen und die Schattenseiten auffangen können. Außerdem lernen sie ihren Gegenpol, die "Extros", besser zu verstehen und mit ihnen umzugehen.. Das alles ist übersichtlich aufgebaut und gut erklärt, schließlich ist die Autorin eine bewährte Kommunikationsexpertin.
Ein ausgezeichnetes Buch, das sämtliche Aspekte der Introvertiertheit behandelt und für die Stillen im Lande wirklich hilfreich ist.   
 

Mittwoch, 23. März 2016

Liebenswerter Lebensstil



Garance Doré: Love - Style - Life. 263 Seiten. Mosaik Verlag. 22,99 €
Meine Vorliebe für Modebücher habe ich hier ja schon mehrfach unter Beweis gestellt, etwa mit einer Rezension von „How to be a Parisian where ever you are“ oder Edith Head´s „Dress to success“. Nun also in schöner Tradition wieder eines, mit englischem Titel und in deutscher  Übersetzung wie seine Vorgänger. Autorin ist die auf Korsika geborene Französin Mariline Fiori, die unter ihrem Künstlernamen Garance Doré täglich Millionen Leserinnen in ihrem Blog an ihrem Leben teilnehmen lässt. Dabei mischt sie Berichte aus der Modeszene mit eigenen Fotos, Illustrationen und Anekdoten. Inzwischen ist sie eine der erfolgreichsten Bloggerinnen der Welt. Und die hat jetzt ihre Fähigkeiten zu einem Buch zusammengestellt. Man sieht auf den ersten Blick: Das hat Klasse. Zartfarbenes Hardcover mit eleganter Schrift. Zwischen den Buchdeckeln ein interessantes Layout, schöne Fotos, klare Illustrationen. Das ist optisch schon mal ein Genuss. Die Texte sind sehr persönlich. Garance Doré erzählt von ihrer Kindheit, ihrer Familie, ihrem Arbeitstag. Sie beschreibt den Unterschied zwischen der Pariserin und der New Yorkerin. Streut modische Tipps ein. Spricht über wahre Eleganz, Freundschaft, Makeup und die Fashion Week. Das Ganze im Plauderton mit viel Humor. Als Leserin hat man das Gefühl, eine sympathische Frau zu treffen, die sich gleich nett und offen mit einem unterhält. Logisch, dass es dann eher Smalltalk als Tiefschürfendes ist. Aber das erwartet man in diesem Fall sicher auch nicht.    
Ein inspirierendes Buch, inhaltlich bunt, ein bisschen snobistisch, aber gleichzeitig liebenswürdig. Kurz und gut, wer die oben erwähnten Bücher mag, wird dieses ganz bestimmt zu schätzen wissen. Es ist noch viel besser.  

Montag, 21. März 2016

Confetti aus der Olivetti



Helge Timmerberg: Die rote Olivetti. 236 Seiten. Piper Verlag. 20.-€
Ich oute mich hier als Timmerberg-Fan, ich habe fast alle seine Bücher gelesen. Weil sie ein Reiseerlebnis der besonderen Art vermitteln:
Timmerberg schreibt ehrlich. Während manche anderen Reiseschriftsteller die negativen Seiten ihrer Tripps als tolles Abenteuer aufpolieren oder sie einfach unterschlagen, landet man als LeserIn mit ihm auch in echt ekligen, stressigen, unangenehmen Situationen – aber eben nur bei wohligem Grusel mit dem Buch auf der Couch.
Und nun die Autobiografie, Motto: Wie ich wurde, was ich bin. Die Sprache zeigt wieder die typische Timmerberg´sche Lässigkeit der Reisebücher. Diese auf den Punkt gebrachten Dialoge, verbunden mit klugen, witzigen oder ironischen Statements. Timmerbergs Anfänge in der Gastronomie, der Blick hinter die Kulissen des Journalismus - ein Vergnügen. (Für mich übrigens noch besonders, weil ich zur gleichen Zeit in dem berühmten „Affenfelsen“ von Gruner & Jahr ein Gastspiel als Redakteurin gegeben habe. Ich kann bestätigen, dass es da so war.) Von Kapitel 1 bis 9 bin ich begeistert. Die Kapitel 10 bis 14 sind genauso gut geschrieben, aber inhaltlich eher für Sex-Touristen interessant. Sie tragen die Überschriften „Marlene“, „Adrenalina“, „Ana“, „Angelina“, „Tatjana“ und sind, um es mit der Timmerbergschen Wortwahl zu benennen, pure Fick-Geschichten. Mehr war derzeit in Havanna nicht los, Herr Timmerberg? Die Kapitel 14 bis 17, Drogen-Absturz und Rettung, versöhnen dann wieder mit der schwachen Mitte.
Mein Fazit: Für alle, die Biografien mögen. Für alle, die Timmerbergs lässigen Stil mögen. Und die sich nicht über das chauvinistische Frauenbild des Autors ärgern.

Mittwoch, 16. März 2016

Nur nicht aus Liebe weinen...



Thomas Hohensee, Renate Georgy: Zufrieden geschieden. So machen Sie das Beste aus Ihrer Trennung. 173 Seiten. Scorpio Verlag, 16,99 
Ich bin seit über 30 Jahren glücklich verheiratet, aber man weiß ja nie…Sollte es je zur Trennung kommen, wäre dieses Buch meine Bibel. Ich bin sicher, es würde mir helfen, einigermaßen gelassen aus dem Tal der Tränen aufzutauchen.
Thomas Hohensee und Renate Georgy sind von Hause aus Juristen, arbeiten aber schon lange als Coaches und leiten Seminare - eine Kombination, die für das Thema fruchtbar ist. Im Buch liegt der Schwerpunkt zu Recht auf dem psychischen Aspekt. Schließlich sind es die Emotionen, die eine Trennung so schmerzhaft und anstrengend machen. Der Ansatzpunkt, um mit quälenden Gefühlen wie Trauer, Wut, Rache, Wertlosigkeit oder depressiver Verstimmung fertig zu werden, ist die kognitive Verhaltenstherapie. Sie geht davon aus, dass wir so fühlen und handeln, wie wir denken. Logisch: Wenn wir unsere Gedanken ändern, dann ändern sich auch unsere Gefühle. Wie das funktionieren kann, erläutert das Autorenpaar verständlich und einleuchtend. Danach kommt auch die praktische Seite nicht zu kurz, die Kommunikation mit dem oder der Ex sowie die rechtliche Seite der Scheidung.
Das liest sich wie eine frische Brise: Schluss mit Jammern und Heulen, der Blick geht nach vorn. Dabei zeigen die Autoren viel Empathie und gehen keineswegs nach dem Motto vor „Du darfst nicht traurig sein.“
Das Buch ist nicht nur für diejenigen nützlich, die gerade unter einer Trennung leiden, sondern für alle Arten von Kummer.