Friederike
Oeschger, Babette Radke: Die Mossdorfs. Das Schicksal einer Berliner Familie im
20. Jahrhundert. 320 Seiten. 22.- €. Hoffmann und Campe
Manchmal kommt man auf Umwegen zu einem Buchtipp: Auf
einem Event erzählte mir Friederike Oeschger, dass ihre Familiengeschichte als
Buch erschienen sei. Ich war neugierig – und entdeckte eine Lektüre so
interessant wie eine TV-Dokumentation und berührend wie ein Historienfilm.
90 Jahre lang war die Familie Mossdorf in der
Prinzregentenstraße 83 in Berlin-Wilmersdorf zu Hause. Nach dem Tod von Rosemarie
Mossdorf, der letzten Bewohnerin, finden ihre Nichten Friederike und Babette
bei der Wohnungsauflösung zahllose Briefe, Tagebücher und Fotoalben von Familienmitgliedern.
Die Nachkommen beschließen, diesen Schatz aufzuarbeiten. Die Geschichte der gutbürgerlichen
Familie Mossdorf vom Kaiserreich über den Nationalsozialismus bis hin zum
Mauerfall erlaubt einen besonderen Einblick in die Zeit. Sie beginnt mit Otto
Mossdorf, der als junger preußischer Offizier die wohlhabende, patente Else
Krause heiratet und endet mit ihrem jüngsten Sohn Carl-Friedrich, dem Vater der
beiden Autorinnen.
Belegt wird die Chronik mit vielen Zitaten und Fotos. Besonders
angenehm ist die sachliche Beschreibung der Ereignisse. Hier hat gewiss die
kundige Hand des Co-Autors Michael Seufert gewirkt, ehemals Journalist beim
„Stern“. Auf emotionale Effekte oder Urteile wird verzichtet, so dass es dem
Leser und der Leserin überlassen bleibt, sich eine Meinung zu bilden. Allenfalls
blitzt manchmal eine charmante Ironie durch. Etwa als die monarchietreue Else mit
ihrer Tochter während einer Reise auf Madeira zur Grabeskirche Karls von
Habsburg, dem letzten Kaiser von Österreich-Ungarn, pilgert. Da heißt es kurz:
„Aber auch ein toter Kaiser war allemal einen Besuch wert.“
Ein empfehlenswertes Buch für alle, die sich für Familiengeschichte und historische Zusammenhänge interessieren.
Ein empfehlenswertes Buch für alle, die sich für Familiengeschichte und historische Zusammenhänge interessieren.
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