Antoine
Leiris: Meinen Hass bekommt Ihr nicht. Blanvalet. 12.-€
Im
November 2016 wurden dreißig Menschen im Theater Bataclan in Paris von
Terroristen ermordet, darunter auch Hélène, die Frau des Journalisten Antoine
Leiris. Zwei Tage später schrieb er einen Brief an die Terroristen, in denen er
ihnen mitteilte, dass sie ihr Ziel, mit ihrer grausamen Tat Hass in sein Herz
zu säen, nicht erreichen: „Nein, ich werde euch nicht das Geschenk machen, euch
zu hassen….Auf den Hass mit Wut zu antworten würde bedeuten, derselben Ignoranz
nachzugehen, die euch zu dem gemacht hat, was ihr seid.“ Er veröffentlichte seine
Mitteilung auf Facebook. Millionen Menschen auf der ganzen Welt lasen sie und nahmen
Anteil am Schicksal dieses Mannes, der mit seinem 17 Monate alten Sohn Melvil allein
zurückgeblieben ist.
Aus
dem Facebook-Eintrag ist das Buch entstanden. Darin geht es nicht um den
Terroranschlag oder politische Analysen. Vielmehr ist es ein persönliches Erlebnisprotokoll
der zwei Wochen nach der Tat, vom Zeitpunkt an, als Leiris von Hélènes Tod
erfährt. Mit ihr hat er die Liebe seines Lebens verloren, doch er darf sich
seiner Trauer nicht hingeben, denn sein kleiner Sohn braucht ihn. Tägliche
Rituale mit Melvil wie Abendessen, Baden und Vorlesen halten Leiris aufrecht. Dabei
versucht er, seinen Sohn so gut wie möglich darüber hinwegzutrösten, dass seine
Mutter nicht mehr wiederkommt.
Das
Buch in Tagebuchform ist Ausdruck des tiefen Schmerzes eines Mannes, der sein
Liebstes durch sinnlose Grausamkeit verloren hat und darum kämpft, nicht in
seiner Trauer unterzugehen, die Kontrolle über sein Leben und seine emotionale Würde
zu behalten.
In anderen Rezensionen fällt es mir leicht, darauf hinzuweisen, ein
Buch sei gut geschrieben. Bei diesem würde das zynisch klingen. Aber tatsächlich
beeindruckt es mit seiner schlichten, klaren Sprache und der präzisen Beschreibung von
Gefühlen, Gedanken und äußeren Umständen. Nicht melodramatisch, sondern
wahrhaftig. Mich hat es sehr bewegt, zumal sich mir wie wohl jedem die Frage
stellt: Wie würde es einem selbst in so einer Situation ergehen? Ich hoffe,
dass viele Menschen dieses Buch lesen.
Auch als Hörbuch sehr empfehlenswert!
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