David Foenkinos:
Charlotte. 237 Seiten, DVA, 17,99 €
Vor Jahren habe ich in Frankfurt die Ausstellung „Leben –
oder Theater?“ mit Bildern der Malerin Charlotte Salomon gesehen. Sie haben
mich fasziniert und berührt, eine eigenwillige Mischung zwischen Malerei und
Comic, verbunden mit Texten.
Charlotte Salomon wird 1917 als einziges
Kind jüdischer Eltern in Berlin geboren. Sie wächst in einer gutbürgerlichen
Familie auf, deren Geschichte jedoch von zahlreichen Suiziden überschattet ist.
Auch ihre Mutter nimmt sich das Leben, als Charlotte neun Jahre alt ist. Der Vater,
ein angesehener Medizinprofessor, heiratet erneut, eine Opernsängerin. Künstler
und Wissenschaftler gehen nun bei den Salomons ein und aus. Doch die
Machtergreifung der Nazis beendet das schlagartig. Der Vater verliert die
Lehrbefugnis, die Stiefmutter ihre Engagements. Charlotte, die ihre Bestimmung
als Malerin entdeckt hat, wird in der Kunstakademie gedemütigt und verlässt
sie. Auch ihre Liebe zu einem Gesangslehrer gestaltet sich schwierig. Charlotte
flieht nach Frankreich, malt intensiv, findet eine neue Liebe. Durch
Denunziation wird sie von den Nazis entdeckt. Sie ist 26 Jahre alt und schwanger, als sie
nach Auschwitz deportiert und ermordet wird.
David Foenkinos hat ihre Biografie
geschrieben, auf ungewöhnliche Art: Die Zeilen sind nicht fortlaufend, sondern
wie ein Gedicht formatiert. Erstaunlich ist, dass man sich beim Lesen so
schnell daran gewöhnt. Die kurzen Sätze lassen Bilder im Kopf entstehen.
Irritierend ist allerdings, dass der Autor gelegentlich die Biografie
unterbricht, um über seine eigene Wahrnehmung bei der Recherche zu berichten.
Doch auch dieser Kunstgriff erweist sich letztlich als gelungen. Er erzeugt das
Gefühl, mit den Augen des Autors wie durch ein Fernrohr in die Vergangenheit zu
blicken.
Ein besonderes Buch, das auf der
Basis intensiver Recherche das kurze Leben der Malerin beleuchtet und vor allem
die psychologischen Hintergründe ihrer Kunst deutlich werden lässt.
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